Berichte über die Artenvielfalt in der Samtgemeinde Wathlingen
Tannenbaumplantage nördlich von Wathlingen
Angelegte Tannenbaumkulturen sind ökologisch in der Regel ein ziemlich toter Bereich. Der Unterbewuchs wird klein gehalten und blühende Pflanzen wird man dort nicht sehen. Auch Insekten sind dann nur sehr spärlich vorhanden.
Die Anlage ist aber bei Vögeln sehr beliebt. Das Umfeld bietet einiges, trotz der landwirtschaftlichen Nutzung. Auf der benachbarten Wiese, direkt an der Fuhse, springen bei jedem Schritt dutzende Heuschrecken zur Seite. Am Wirtschaftsweg und am Fuhsedamm bilden Bäume und Sträucher ein fast undurchdringliches Dickicht. Viele alte Obstbäume, Äpfel, Kirschen, Pflaumen, stehen am Wegrand. Dazu kommen die Schilfflächen und Teiche der Biologischen Kläranlage Wathlingen. Die Naturkontaktstation ist in Sichtweite und direkt gegenüber befindet sich eine mit Wildblumen bewachsene Ausgleichsfläche.
Diese Kombination aus verschiedenen, inselartigen Lebensräumen mit ausreichend Versteck- und Nahrungsangeboten sorgt dann auch für eine vielfältige Vogelwelt. Vögel lieben es, auf exponierten Stellen zu sitzen. Von dort können sie das Umfeld beobachten und Feinde rechtzeitig erkennen. Für die Artgenossen ist es auch das Signal, dass hier schon jemand wohnt. Und Tannenbaumspitzen eignen sich hervorragend als Beobachtungsposten und um sich darzustellen. Hier trifft sich die Vogelwelt. Goldammern, Bluthänflinge, Singdrosseln, Amseln, Dorngrasmücken, Heckenbraunellen, Schwarzkehlchen, Neuntöter und auch die gefährdeten Braunkehlchen suchen sich ihren Baum. Bei Störungen fliegen sie in das nicht weit entfernte Dickicht der Hecken und sind nach wenigen Minuten wieder auf ihren alten Plätzen zu finden. Besonders auffällig ist in der Sonne das leuchtende Gelb der Goldammer und die rote Brust der männlichen Bluthänflinge. Mit viel Glück sind auch die in Deutschland stark gefährdeten Rebhühner am Boden zu sehen. Alle Arten haben hier schon erfolgreich Nachwuchs großgezogen. Das Rufen der hungrigen Jungvögel zeigt, dass die Eltern noch gut zu tun haben. Wenn sie auffliegen landen sie oft wenige Meter weiter auf der nächsten Tannenspitze.
Der Nachwuchs muss jetzt aber schnell erwachsen werden, denn einige werden weit reisen. Während die Schwarzkehlchen den Winter im südlichen Europa verbringen, haben die Braunkehlchen eine Wüste zu überqueren. Ihr Überwinterungsgebiet liegt südlich der Sahara. Die größte Reise haben die Neuntöter vor sich. Ziel ist das südliche Afrika mit Ländern wie Namibia, Botsuana und Tansania. Mehr als 8000 km.
Die bei uns bleibenden Vögel müssen fit werden für den Winter. Die kälteren Temperaturen und das geringere Nahrungsangebot. Und sie können dann wahrscheinlich mit ansehen, wie ihre Tannenbaumanlage vor Weihnachten ausgedünnt wird. Es werden aber hoffentlich genug Bäume stehen bleiben, damit sich das gleiche Schauspiel im nächsten Jahr wiederholen kann.
Text und Fotos: Rolf Jantz
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Blühfeld im Winter
Acker-Rettich, Rainfarnblättriges Büschelschön und Sonnenblumen brachten Farben in die Landschaft und boten vielen Insekten eine Nahrungsgrundlage sowie einen sicheren Unterschlupf.
Die Blütezeit ist schon länger vorbei und nach den ersten Nachtfrösten sind in der Natur nur noch selten Insekten anzutreffen. Da stellt sich die Frage, wie es jetzt wohl auf der ehemaligen Blühfläche aussieht?
Der Bereich ist landwirtschaftlich geprägt. Auf dem Weg dahin ein Feld mit Winter-Hafer und auf der gegenüberliegenden Seite ein Streifen aus Büschen und Bäumen. Normalerweise ist dieser Bereich gut von Vögeln besiedelt und wegen der jetzt fehlenden Blätter müsste man sie auch sehen können. Aber es ist relativ ruhig und kaum ein Vogel zu sehen. Vielleicht haben sie einen besseren Platz gefunden.
Etwa 100 m vor der ehemals blühenden Fläche höre ich schon leises Gezwitscher. Dann folgt auch gleich der Warnruf der Amsel. Das schnelle Tick-ick-ick eines aufgeregten Rotkehlchens kündigt meine Ankunft an. Und spätestens als ein Silberreiher lauthals meckernd auffliegt, wissen alle, dass ich da bin. Anschleichen funktioniert in der Natur meist nicht. Dafür gibt es zu viele Aufpasser.
Als ich dann hinter einem Baum hervortrete und die Deckung verlasse, fliegen rund 400 Vögel mit großer Lautstärke aus der Fläche auf und verteilen sich in den umliegenden Baumspitzen. Größere schwarze Vögel und viele kleine Singvögel. Es ging alles so schnell, dass ich so auch nicht erkennen konnte, welche Vogelarten hier jetzt unterwegs waren. Also erst einmal hinhocken, sich Zeit nehmen und warten.
Hunger und Neugier bringen auch bald wieder Leben in die Vogelschar. Die ersten verlassen die Baumgipfel und landen auf den Sonnenblumen. Weit von mir entfernt, aber ein Anfang ist gemacht. Nach und nach wird es auch in meiner Nähe lebhafter. Am stärksten sind die Buchfinken vertreten, dicht gefolgt von Bergfinken und Stieglitzen. Feldsperlinge, Bluthänflinge, Grünfinken, Kohl- und Blaumeisen ergänzen den Trupp. Die Bergfinken mit der orangefarbenen Brust sind bei uns nur Wintergast. Sie kommen aus Skandinavien und Osteuropa. Auch die Buchfinken, Bluthänflinge und Stieglitze bekommen im Winter Verstärkung aus diesen Ländern. Sie schließen sich dann zu Schwärmen zusammen, in denen mehrere Hundert Vögel über das Land ziehen und nach Nahrung suchen. Unter den schwarzen Vögeln waren neben Rabenkrähen und Dohlen auch Saatkrähen die uns auch aus dem Osten kommend besuchen. Es herrscht reges Treiben. Immer wieder fliegen große Gruppen plötzlich auf, kreisen einige Male über dem Feld und lassen sich dann wieder in die Speisekammer aus Pflanzensamen fallen. Auf einer entfernten Eiche ist ein Sperber gelandet. Der interessiert sich aber nicht für die Körner. Auf seinem Speiseplan stehen die hier reichlich vorhandenen Vögel. Als besonderer Gast macht hinter mir ein Mauswiesel durch sein Geraschel im Laub auf sich aufmerksam. Ein kurzer Moment, dann war er blitzartig verschwunden.
Als ich mich nach einer Stunde erhebe und den Winterlebensraum Blühstreifen verlasse, wiederholt sich das Schauspiel. 400 Vögel fliegen auf und verteilen sich auf die umliegenden Bäume. Es wird nicht lange dauern, dann sind alle wieder in ihrem Schlaraffenland zwischen Sonnenblumen und Acker-Rettich.
Text und Fotos: Rolf Jantz
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