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Von der Naturkontaktstation wird berichtet

Es wird kälter...

„Was für ein herrlicher Morgen“, denkt er als er früh morgens vor die Tür tritt.

Das Gras auf dem Rasen ist leicht übergereift, ein leichter Nebel liegt über den Wiesen und der Morgenhimmel wechselt von zartrosa in ein klares, helles Blau am Horizont.

Langsam kriecht die Kälte an ihm hoch und der Kaffee wärmt die Hände auch nicht mehr. Und wie er so in die Runde schaut und seinen Blick durch den Garten schweifen lässt, erstarrt er plötzlich. Nicht vor Kälte. Der Schreck jagt ihm in die Knochen. Es hat gefroren heute Nacht und das Wasser für die erst im Sommer verlegte Beregnung des Gartens ist noch nicht abgestellt. Die kleinen Sprinklerköpfe, die bei Wasserdruck automatisch hochspringen und Wasser im Gemüsebeet versprühen, sind festgefroren. Am Wasserhahn hängt ein kleiner Eiszapfen und unter dem Schlauchanschluss am Standwasserhahn neben dem Gemüsebeet hat sich eine kleine Eispfütze gebildet. Im Moment kann er nichts tun. „Jetzt ist es eh zu spät. Hätte ich auf die Dame des Hauses gehört, wäre das nicht passiert. Abwarten“, denkt er sich.

Stunden später kann er sich vergewissern. Noch mal Glück gehabt. Kein Schaden ist zu erkennen. Nur der Regenmesser hat Schaden genommen. Den hatte er vergessen nach dem Regen der letzten Tage zu entleeren. Das Projekt für den Tag ist damit klar: die Wasserversorgung des Gartens winterfest machen, es wird Zeit.

Der Garten selbst ist bereits letztes Wochenende winterfest gemacht worden, weil sie ihm schon seit Wochen damit in den Ohren gelegen hatte. Die letzten Laubhaufen wurden auf dem Kompost hinter der großen Hainbuchenhecke entsorgt, die hohen Ziergräser mit Kokosband zusammengebunden, die Rosen haben sie mit Fichtenzweigen abgedeckt und in den Staudenbeeten wurde eine dicke Schicht Pferdedung aufgetragen. Von den Stauden selbst war nichts mehr zu sehen. Sie haben sich in die Erde zurückgezogen und nur verwelkte Blätter und abgestorbene Blütenstiele waren von ihnen übriggeblieben. Die Einzige die sich tapfer hält und sich immer noch mit zahlreichen Blüten schmückt ist die rosa blühende Anemone „Königin Charlotte“. Auf der kleinen Blumenwiese zeigen sich die letzten Blüten von Zinnien, Ringelblumen und Kosmeen. Alle etwas angebräunt vom Frost der letzten Nacht. Spannend wird es im nächsten Frühjahr werden, wenn die neu gesetzten Alliumzwiebeln aus der Erde kommen, stellt sich ihr die Frage „Wo?“. Sie hatte es versäumt die Pflanzstellen zu kennzeichnen. Im Gegensatz zu Dahlien, Lilien oder Gladiolen, brauchen Zwiebeln den Frostreiz im Winter, damit sie im Frühjahr austreiben können. „Bei dem im Oktober gesteckten Knoblauch im Gemüsebeet kann man schon die ersten Blattspitzen erkennen“, freut sie sich und läßt ihren Blick durch den Garten schweifen. Die Dahlien, Lilien und Gladiolen hat sie rechtzeitig aus der Erde genommen und in alten Kartoffelvorkeimkisten im frostfreien Keller zum Überwintern eingelagert. Die mediterranen Pflanzen stehen im Wintergarten oder im Gewächshaus.

Die kleinsten Mitbewohner des Gartens haben sich in die Erde unter Steinen, Laub oder Borke zurückgezogen. Dicht an dicht sitzen die Kellerasseln aneinander gedrängt unter der Borke des eigens dafür in den Garten gelegten Baumstammes. Für Schnecken und auch für die Vögel haben sie in der Hecke das Laub liegen lassen und auch in den bodendeckenden Stauden ist das Laub verblieben. Regelmäßig besuchen die Amseln dieses Beet auf der Suche nach Nahrung. Auch der Pferdedung im Staudenbeet wird von ihnen gewendet, sie fördern so die Verrottung ohne dass sie es wissen.

Sie ist ein bisschen stolz auf sich. Sie haben es geschafft ihren Garten naturnah und trotzdem ordentlich zu gestalten. Dass das ein oder andere Laubblatt hier und da liegen geblieben ist stört sie nicht. „Futter für die Regenwürmer“, denkt sie.

Das Vogelfutterhaus steht im Beet vor dem Küchenfenster. Sonnenblumenkerne liegen darin und die ersten Meisenknödel baumeln an den Ästen des alten Apfelbaumes der vor dem Haus steht. Unter einem Dach, aus Fichtenzweigen gebaut, finden die bodensuchenden Vögel Futter nicht nur an verschneiten Tagen. Das Rotkehlchen hat diese Futterstelle bereits entdeckt und auch ein Zaunkönig wurde das ein oder andere Mal bereits gesichtet.

Die neueste Investition die sie getätigt hat ist ein Heizteller für das Wasser der Vögel im Winter. Dass dieser eigentlich für Geflügel oder Kleintiere verwendet wird ist ihr egal. Auch im Winter müssen die Wildvögel mit Wasser versorgt werden und so hoch ist der Stromverbrauch des Heiztellers nicht. „Der Strom kommt schließlich vom Dach und nicht aus der Steckdose“, denkt sie sich und grinst in sich hinein. Die Wasserstelle hat sie im Schutz der großen Felsenbirne bodennah eingerichtet.

Jetzt kann es Winter werden, der Garten ist versorgt, das Wasser ist nun auch endlich von der Beregnungsanlage abgelassen worden, die Futterstellen und die Wasserstelle für die Vögel sind hergerichtet und es ist angerichtet. Für jeden der Vielzahl der Piepmätse in ihrem Garten ist etwas dabei.

Die Vorfreude auf das nächste Frühjahr macht sich in ihr breit. Den Anblick der im Oktober gesteckten Zwiebeln von Wildkrokussen, Wildtulpen und Narzissen kann sie kaum erwarten. Doch erstmal kommt der Winter und der hat auch seinen ganz eigenen Reiz.