Flüchtlinge erzählen ihre Geschichte beim Info-Nachmittag des SoVD Ortsverbandes Nienhagen
Flucht und Vertreibung haben das 20. Jahrhundert geprägt.
Renate Ruthe und Dr. Holger Lüning vom Team der Samtgemeindeverwaltung waren mit der Idee auf den SoVD Ortsverband zugekommen, Menschen, die vor neun Jahren begonnen haben in der Samtgemeinde Wathlingen eine neue Heimat zu finden, von ihrem Ankommen berichten zu lassen. Denn hinter den Schlagzeilen, Zahlen und abstrakten Statistiken stehen Menschen mit Gesichtern, Träumen, Enttäuschungen, Hoffnungen und Erfolgen. Gerne hat der SoVD Ortsverband Nienhagen diese Idee aufgenommen und zum Thema dieses Infonachmittags gemacht. Durch Ihre berufliche Vergangenheit schätzt Samtgemeindebürgermeisterin Sommer sehr die Arbeit ihres Verwaltungsteams und des Familienzentrums KESS mit deren Betreuung und Unterstützung der Schutzsuchenden für eine möglichst gute Integration in unserer Samtgemeinde. Als Samtgemeindebürgermeisterin hat sie dafür gesorgt, dass das Team der Samtgemeindeverwaltung gut aufgestellt ist und so kompetent und engagiert agieren kann und ist dankbar für das Interesse des SoVD.
Die Länder, aus denen die Flüchtlinge zu uns in die Samtgemeinde Wathlingen kommen, sind zu 85% Länder, in denen Krieg bzw. Bürgerkrieg herrscht. Die hauptsächlichen Herkunftsländer sind Syrien, Irak, Afghanistan und die Ukraine. Die Verteilung innerhalb der Bundesrepublik erfolgt von oben nach unten: vom Bund an die Länder, dann an die Landkreise und zuletzt in die Kommunen. Diese müssen für die Unterkunft sorgen, sich um die Integration kümmern und in allen möglichen Bereichen unterstützen. „Wir in der Samtgemeinde sind zuständig von der Wiege bis zur Bahre“, so erläuterte Renate Ruthe an einigen Beispielen. In 2014 waren 65 Flüchtlinge in der Samtgemeinde untergekommen, 2015 gab es eine höhere Dynamik mit über 250 und ab März 2022 war das Niveau mit über 400 deutlich höher, so Dr. Lüning.
Die Arbeit des Teams in der Samtgemeinde besteht darin, diese ankommenden Menschen zu unterstützen eigenständig ihren Weg zu gehen Arbeit zu finden und heimisch zu werden. Dass dies mit viel Engagement und Gefühl gemacht wird, konnte man bei Renate Ruthe erkennen, als sie die Familien der Geflüchteten und ihre Biografien vorstellte. Dann kamen die Geflüchteten zu Wort. Die 13 jährige Zuhra schilderte, wie sie am Anfang mit großen Lernschwierigkeiten zu kämpfen hatte - durch die Anforderungen, in einer anderen Sprache und in einer anderen Kultur zu lernen. Aber auch davon, dass ihr nicht alle Kinder und Erwachsenen wohlgesonnen waren. Mittlerweile ist sie eine selbstbewusste Person, die auch von den Erfolgen der anderen Familienmitglieder berichtete.
Ayman Alahmad, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, erzählte die Geschichte seiner Flucht aus Syrien. Die Gründe hierfür waren Angst um die eigene Sicherheit, die Kriegstätigkeit im Land und die Hoffnungslosigkeit, als Putin 2015 anfing, das syrische System zu unterstützen. Ganz ergriffen hörten die Anwesenden seinen Schilderungen von den Erlebnissen auf seiner Flucht zu. Im Dezember 2015 sei er dann nach Wathlingen gekommen, wo er inzwischen seine zweite Heimat gefunden hat. Die Familie war im Libanon geblieben und hat dort drei Jahre unter schlimmen Zuständen gelebt. Mit Hilfe von Dr. Lüning habe er versucht, seine Familie nachzuholen und im Oktober 2018 war es dann endlich möglich, so Ayman Alahmad. Er berichtete eindrucksvoll, wie er versucht hat, die Sprache zu erlernen, eine Arbeit zu bekommen und in einer anderen Kultur Fuß zu fassen. Heute lebt er mit seiner Familie in einem Haus in Nienhagen, ist inzwischen Lagerleiter, sein Sohn Mohamad lernt Kfz-Mechatroniker. Seine Tochter Marwa wechselte nach nur wenigen Monaten in einer Sprachlernklasse auf das Gymnasium. Jetzt ist sie auf der Suche nach einer Praktikumsstelle in einer Apotheke, um anschließend Pharmazie zu studieren.
Auch Birivan Alsuliman berichtete aus ihrem jetzigen Leben in der Samtgemeinde. Sie sei zur Schule gegangen, um die Sprache zu erlernen und Leute kennenzulernen. Inzwischen habe sie eine Ausbildung zur Busfahrerin gemacht und sei nun eine der wenigen Busfahrerinnen bei CeBus in Celle. Die Schilderungen der Geflüchteten wurden jeweils mit sehr viel Beifall bedacht. Am Ende überreichte die 2. Vorsitzende Gisela Janßen den Familien jeweils ein kleines Präsent.
Danach gab es Kaffee und Kuchen. Von der Bäckerei Stremmel gab es wieder ein reichhaltiges Kuchenbuffet. Frankfurter Kranz-Schnitten, Erdbeer-, Himbeer- und Pflaumenkuchen, Käse- und Streuselkuchen, Plunderstücke in verschiedenen Variationen und vieles mehr aus der Backstube konnte probiert werden. Auch die Geflüchteten hatten Leckereien aus ihrer Heimat mitgebracht. Die Anwesenden ließen es sich nicht nehmen, auch hiervon reichlich zu probieren. Die Familien hatten sich unter die Anwesenden gemischt und es wurde viel gefragt, angeregt miteinander geredet und sich ausgetauscht. Alle waren sich einig, dass dies ein außerordentlich informativer und gelungener Nachmittag war.
Fotos: Annette Kesselhut